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Interview: Albert Kriemler, Akris
15. Juni 2006

Albert Kriemler

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© Michael Buehler, Zürich

Mit seiner zurückhaltenden Mode hat der Akris Designer Albert Kriemler international Aufsehen erregt. War das Unternehmen 1994 noch gefährdet Kurzarbeit anzuordnen, zeigt das Schweizer Prêt-à-Porter Haus zehn Jahre später sein Défilé on schedule in Paris. Joachim Schirrmacher sprach mit Albert Kriemler in seinem Atelier in St. Gallen

Die Vergangenheit, die einen inspiriert, muss in die heutige Zeit gebracht werden.“ Albert Kriemler

Joachim Schirrmacher: Es braucht nach Ihren eigenen Worten Zeit bis man versteht was Akris ist. Können Sie kurz umreißen wofür Akris steht?

Albert Kriemler: Muss man im Leben alles erklären? Gute Kunst ist auch nur gute Kunst, wenn ein Rest bleibt, den man sich nicht erklären kann. Wobei Kunst und Mode grundsätzlich andere Dinge sind, aber darüber werden wir ja sicher noch sprechen.
Die Grundlage wurde 1922 festgelegt durch unsere Großmutter, die damals mit St. Galler Stickerei Schürzen für die Gastronomie gefertigt hat. Mein Vater hat von 1944 an die Schürzen mit Blusen, Kleidern, Kostümen und Mänteln ergänzt. Er hat die Basis für die Weiterentwicklung unserer Firma für uns bereitgestellt. Mein Bruder Peter und ich haben unser Familienunternehmen in den letzten Jahren auf eine andere Ebene gehoben.

Von Schürzen zur Pariser Couture ist es ein weiter Weg. Wie kam es zu dieser Entwicklung?
Mein Vater hat immer wieder kleine Ateliers in der Umgebung dazugefügt. In den 1960er Jahren kam aus exportrechtlichen Gründen die Distribution für Ted Lapidus hinzu, später auch die Produktion. Diese Zusammenarbeit mit Paris hat uns großes Know-how gebracht, von dem wir bis heute profitieren. In den 1970er Jahren kam die Zusammenarbeit mit Givenchy hinzu.

Nach dem Schulabschluss wollten Sie nach Ihrem ersten New York Besuch zur Ausbildung nach Paris in das Atelier von Givenchy, als der engste Mitarbeiter Ihres Vaters starb. Sie sind dann in St. Gallen geblieben. Was hat dies für Sie bedeutet?
Gut, das war natürlich zu verdauen. Da war ich ein paar Tage enttäuscht, das gebe ich zu. Aber es war eine Herausforderung.

Wo haben Sie Ihr Handwerk gelernt?
Ich lerne heute noch, jeden Tag, bei jeder Arbeit. Wenn man bereit ist, auch seine eigenen Fehler zu beurteilen, dann kommt man weiter. Dazu braucht es auch immer wieder Glück.

Noch vor wenigen Jahren hatte Akris ein eher biederes Image. Was ist passiert?
Wenn Sie wie ich in eine Firma eintreten, dann gibt eine Kollektion auch die Erwartungen der Handelskunden wider. Und wenn man dann nur in den drei deutsprachigen Ländern zu Hause ist, dann lässt sich nicht alles von heute auf morgen so verändern, wie man es gerne würde.
Ich bin damals damit konfrontiert worden, dass Thierry Mugler oder Montana in wäre. Ich habe mich immer dagegen gewehrt und gesagt, wir sind Akris. Es war nicht einfach für uns auch schon in dieser Zeit eine eigene Handschrift zu erhalten.

Hatten Sie schon früh eine Vorstellung davon, wohin Sie mit Akris wollten?
Wenn Sie wissen, dass ich mit 19 in New York war, wissen Sie auch, was das damals für mich ausgelöst hat.

So wie Gerhard Schröder 1983 in Bonn am Zaun des Kanzleramts rüttelte und rief, „Ich will hier rein“, standen Sie vor den Fenstern von Bergdorf Goodman und wollten Ihre Kleider drinnen verkaufen. Heute ist Akris dort vor Chanel und Armani das bestverkaufte Designerlabel.
Ich habe gesagt, wenn wir irgendwann mal eine Rolle spielen in diesem anspruchsvollen Metier, dann würde ich uns gerne dort sehen. Ich war dann mit meiner zehnten Kollektion 1985 das erste Mal in New York. 1986 hatten wir schon 15 bis 20 Speciality-Stores als Kunden in Amerika. Nach vier Jahren regelmäßigen Beschreibens und Telefonieren kam Ms. Dawn Mello, die damalige Präsidentin von Bergdorf Goodman, eines Tages unangemeldet in den Showroom und sagte: „It’s time for Bergdorf Goodman“. 1995 meinte ihr Nachfolger Burton M. Tansky: „That’s a great collection and these are nice people: let’s give them a boutique.“ Das waren für mich drei Schlüsselerlebnisse, die viel für uns ausgelöst haben.

Dennoch sagten Sie dem Wirtschaftsmagazin „brand eins“: „1994 war das schwarze Jahr, wir standen kurz vor dem Aufgeben.“
Sagen wir, die Luft wurde dünner. Mit dem deutschen Knick und dem Zusammenbruch der japanischen Bubble-Economy gingen zwei Märkte mit großen Schritten rückwärts, was wir nicht gewohnt waren. Damals habe ich mit meinem Bruder Peter jede Woche einen Abend zusammen gesessen: Was wollen wir? Wer wollen wir sein? Dass wir es mit Akris in die Top-Liga schaffen müssen, um diesen Standort weiter finanzieren zu können, kommt von ihm.

Was führte zu der Entscheidung Akris in Paris zu zeigen?
Wir haben uns als Firma entwickelt. Wir sprechen heute am Morgen mit den Asiaten, am Tag mit den Europäern und am Abend mit den Amerikanern. Um mit den internationalen Märkten zu kommunizieren gibt es seit 1990 unseren Showroom in Paris.

Das Défilé war eine logische Konsequenz?
Es ist eine Grundvoraussetzung für eine Firma mit internationalem Anspruch. Wir waren uns schon bewusst, dass Paris die höchsten Anforderungen stellt: In Mailand oder New York können Sie sich anmelden, bezahlen Ihren Mitgliedsbeitrag und bekommen ein Datum. Aber in Paris werden Sie geprüft: sind Sie up to our hights?. 1999 erhielten wir die Mitgliedschaft in der „Fédération Française de la Couture du Prêt-à-Porter des Couturiers et des Créateurs de Mode“, seit 2004 zeigen wir unser Défilé direkt nach Chanel on schedule.

Dennoch: Ausschlaggebend für Ihren Erfolg ist das Produkt, nicht der Name.
Das ist nur noch Deutschland so.

Ist Eigenständigkeit vor allem eine Frage des Mutes an sich selber zu glauben?
Im Leben und in der Mode kann nur bestehen, was echt ist. Am unwichtigsten ist, was alle machen. Aber natürlich ist es nicht nur Mut. Es ist ein Prozess: man denkt es an, überlegt, aber viele Entscheidungen werden immer wieder mit Gefühl gefällt. Ein Makel, der immer mehr Einzug in unsere Branche nimmt, ist das klassische Management. Doch was in der Konsumgüterindustrie funktioniert, funktioniert in der Mode nicht.

Warum?
Weil es immer wieder mit Menschen zu tun hat und weil die Entscheidungsprozesse so schnell gefällt werden müssen, dass sie gar nicht geplant werden können. Es ist illusorisch, das sagt mir ja auch mein Bruder, Akris auf drei bis fünf Jahre zu planen. Wir können Vorstellungen haben. Aber mit jeder neuen Kollektion laufen wir Risiko, dass die Entwicklung einen anderen Weg nimmt.

Kann diesen Weg nur ein inhabergeführtes Modehaus gehen?
Nein, aber sicher braucht es inhaberähnliche Strukturen. Die Mode lässt es oft gar nicht zu, dass wir auf ein Meeting in der nächsten Woche warten.

Zurück zu Akris. Wie entsteht bei Ihnen eine Kollektion?
Ich bin derzeit mitten in dieser Phase. Peter und ich waren gerade in Tokio, Seoul, Schanghai und Hongkong, dann ging ich nach Amerika: New York, Florida, Los Angeles für unser Fotoshooting und zum Schluss für eine große Charity nach San Francisco. Ich konnte sehen, wie die Menschen sich bewegen, was sie tun, wie ihr Alltag strukturiert ist. Am Ende gibt es eine internationale Komponente, die vergleichbar ist. Und dann gibt es klimatische Einschränkungen und natürlich die Veränderung der Lebensstile. Das sind die aktuellen Eindrücke. Der kreative Prozess beginnt immer wieder beim Stoff.

Gibt es äußere Voraussetzungen, die Sie zum Entwerfen brauchen?
Ich reise oft mit meinen Stoffen und kann überall zeichnen. Hier im Atelier, zu Hause, im Flugzeug. Ich habe dazu immer einen kleinen Block bei mir. Wenn ich denken muss, höre ich gerne Bach, das ist eine Musik, die mich sehr inspiriert.

Sie halten es mit dem Wiener Architekten Adolf Loos, der sagte, man solle das Neue nur fördern, wenn es besser ist als das Bestehende.
Diese Philosophie wende ich an. Natürlich kann ich es in den Formen nicht tun. Wir machen Mode! Aber in den Stoffen tue ich es konsequent. Qualitäten, die sich bewähren und modern aussehen verarbeite ich seit mehr als zehn Jahren, immer wieder mit großem Erfolg.

Diese konservative Haltung zieht sich ja in der Welt von Akris durch. Auch bei Ihren Architekten Hilmer & Sattler und Albrecht steht nicht die Erfindung von etwas Neuem im Zentrum des Schaffens, sondern der dialektische Umgang mit gespeicherten Erinnerungen und Typologien.
Kreativität hat in unserer Zeit immer wieder mit einer Reinterpretation zu tun. Ich setze mich sehr mit Vintage auseinander und habe ja auch ein kleines Vintage-Archiv. Aber: wir alle haben diese Vintagejahre erlebt! Als jeder, der meinte er hat Mode verstanden, mit der alten Jacke der Großmutter daherkam! Meine Auseinanderssetzung mit Vintage hat nichts mit dem zu tun. Ich glaube es ist ganz wichtig, dass die Vergangenheit, die einen inspiriert, in die heutige Zeit gebracht wird, sei es über den Stoff, die Linienführung oder die Verarbeitung.

Elke Giese vom Deutschen Mode-Institut sagt, wenn man in den Kriterien des Systems der Mode denkt, kommt man nicht weiter, nur wenn man in der Architektursprache denkt, versteht man Ihre Mode.
Das ist interessant! Mein großes Vorbild, Christobal Balenciaga, hat gesagt, als Modedesigner ist man Künstler für die Idee, Maler für die Farben und Architekt für die Proportionen. Dass ist ja eine sehr schöne Umschreibung für unseren Beruf. Ich bin der vollen Überzeugung, dass von diesen drei Kriterien Proportionen heute eminent wichtig sind.

Sie zeigen im Défilé den Look den Sie auch verkaufen. Warum?
Ich kann mich nicht verstellen. Es war meine Ambition, wenn wir den Schritt nach Paris machen, das ich diesen Respekt auf dem Laufsteg, mit meiner ureigenen Handschrift bewerkstellige. Das gehört zur Kredibilität unseres Auftrittes.

Haben Sie manchmal Angst das erreichte Niveau wieder zu verlieren?
Ja sicher. Es ist heute eine starke Auseinandersetzung, die Kleider immer wieder auf den Zeittermin so bereit zu stellen, dass die Begeisterung anhält.

Ein namhaftes deutsches Modehaus sagt zum einen „Akris ist das hochwertigste Produkt am Markt mit einer modernen Aussage“, aber zugleich auch, die aktuelle Saison versuche zu viel auf einmal, es wäre zu viel Mode drin.
Diese Kritik ist minimal und diese Leute haben den Zeitgeist nicht am Wind.

Droht der Spagat, anspruchsvolle Mode zu machen, die sich gut verkauft, Sie nicht zu verzehren?
Ich stelle das nicht in Abrede. Diese Prozesse fordern. Aber wer heute nicht bereit dazu ist, sich dieser Auseinandersetzung zu stellen, wird es nicht schaffen, die Kollektion immer wieder neu für eine loyale und eine neue Kundin bereitzustellen. Diese weiß, was sie erwartet, aber wie will auch jede Saison neue Kleider. Da liegt auch ein Teil unserer Daseinsberechtigung.

„Ein Mensch allein verrichtet nichts“, sagten Sie anlässlich eines Pfingstgottesdienst zu St. Laurenzen, „das Team ist essenziell.“ Wie groß ist Ihr Designteam?
Wir haben relativ kleine Strukturen. Ich habe je einen Assistenten für Akris und Akris Punto, die mich fast überall begleiten. Und die haben wieder rechte und linke Hände. Daneben gibt es je einen Spezialisten für Stoffe, Strick und Zutaten. Auch die Schnittmacher und Modelleure spielen eine sehr wichtige Rolle in unserem Team.

Wie vermitteln Sie Ihre Ideen an Ihre Mitarbeiter?
Sehr viel im Gespräch. Wenn Leute länger da sind, muss ich nicht mehr so viel vermitteln, es ist etwas, was wir leben. Aber es tritt nie jemand bei uns ein, der das dann gleich auf Anhieb kann. Sogar bei erfahrensten Menschen braucht es Jahre, bis jemand zum wirklichen Rückgrat der Firma gehört.

Wie erhält eine Naht Sex-Appeal?
Genau diese kreative Linienführung erwarte ich vom Modelleur. Er bringt mindestens so viel Kreativität ein, wie ein Designer. Eine Zeichnung ist immer schön. Doch diese modern und zeitgemäß umzusetzen, stellt höchste Ansprüche.

Warum fertigen Sie keine Accessoires oder vergeben Lizenzen?
Ich habe den Eindruck, dass es viel zu viel Menschen in dieser Branche gibt, die das Gefühl haben, sie müssten alles können. Dabei wird der gesamte Accessoiremarkt weitgehend von sechs bis acht Firmen abgedeckt, die restlichen 20 Prozent des Marktes von hunderten anderen. Unsere Philosophie ist, dass wir unsere Kundin möglichst sieben Tage die Woche von morgens bis abends einkleiden möchten. Diese Philosophie reduziert uns auf Bekleidung.

Und dennoch entwerfen Sie Schuhe…
Nur für unser Défilé.

Und Taschen…
Auch das sind reine Styling-Inputs.

Mit Walter Steiger haben Sie in Ihrer Familie einen renommierten Schuhmacher. Hier kann man sich ja Projekte vorstellen wie „Akris bei Walter Steiger“.
Über dieses Know-how verfügen wir heute noch nicht. Einen Schuh zu machen der richtig aussieht ist Eines. Aber um einen Schuh zu machen, indem es einen wohl ist, dazu braucht es ein vergleichbar hohes handwerkliches Können, wie wir es für die Fertigung einer Jacke haben.

Warum haben Sie eigene Geschäfte eröffnet?
Sie haben eine ganz klare Aufgabe: Akris täglich dem Publikum vorzustellen und zwar dem richtigen. Unsere Idee des Wohlfühlens soll in den Geschäften erlebbar sein. Wir wollten daher eine moderne aber keine kalte Architektur. Vor allem auch eine Architektur, die mit jeglichem Raumvolumen umgehen kann, sich also über ein Denken in einer Norm-Boutique hinwegsetzt. Im August eröffnen wir unser Londoner Geschäft an der Old Bond Street mit ganz schwierigen Etagenverhältnissen. In Hamburg haben wir einen langen schmalen Raum vorgefunden. Unser Architekt Christoph Sattler kann respektvoll mit bestehender Bausubstanz umgehen und beherrscht die eigentliche Grundaufgabe der Architektur, Räume und Volumen zu bilden, wie ganze wenige Architekten unserer Zeit. Er löst seine Aufgaben mit großem Anspruch und Qualität.

Sie sind die wichtigste Ressource von Akris. Wie pflegen Sie diese?
Das was ich tue, mache ich gerne. Für den nötigen Abstand brauche ich am Wochenende die Auseinandersetzung mit zeitgenössischer Kunst, mit Architektur oder einfach Begegnungen mit Menschen und Freunden, mit denen man gute Gespräche führen kann.

Sie und Ihr Bruder sagten 2002 der Schweizer „Weltwoche“, dass Sie noch zehn Jahre schaffen wollen.
Da ist etwas falsch interpretiert worden. Mir ist sehr wohl bewusst, dass diese Kerze nicht Jahrzehnte brennen kann. Man hat in dieser Position nur zwanzig, fünfundzwanzig Jahre, um wirklich gut zu sein; dabei zählen meine achtziger Jahre sicher nicht. Es wird mit zu den anstehenden Aufgaben gehören, dass alles rechtzeitig so zu richten, dass es richtig weiter geht.

Akris erhält viel Aufmerksamkeit in St. Gallen. Als 19jähriger wurden Sie hier als Träumer belächelt. Wie leicht ist Ihnen diese Rolle gefallen?
Sicher ist man exponiert in einer Stadt mit 60.000 Einwohnern. Aber dafür haben sie als Medienvertreter gesorgt.

Wie gehen Sie mit dieser Rolle um?
Das ist sicher keine Seite die ich toll finde, das sage ich Ihnen ganz offen. Das brauche ich überhaupt nicht für mein Ego. Ich finde es im Gegenteil eher unangenehm. Aber es gehört zu meiner professionellen Aufgabe dazu.

Was brauchen Sie für Ihr Ego?
Wie ich sagte: Zeit mit Menschen und Freunden, die ich schätze, und gute Gespräche.

Sie machen neben den zehn Kollektionen im Jahr viele Sonderprojekte wie die Corporate Fashion für die Fluggesellschaft Swiss, eine Kollektion für Bally, im letzten Jahr die Ballettkostüme für das Wiener Neujahrskonzert und sind nun Kurator einer großen Ausstellung über Akris, die im September in St. Gallen eröffnet wird. Wie schaffen Sie das alles?
Natürlich immer wieder mit einem Team. Unser Stickereimuseum wollte schon vor einigen Jahren eine Ausstellung über Akris machen. Jetzt haben wir gesagt, wir machen sie und sehen diese Aufgabe als weitere Herausforderung für mein Team. Eine Retrospektive ist ja eine Anti-These zu unserem Beruf. Da hat es mich interessiert, eine Ausstellung zu entwickeln, in der man Akris einerseits fühlt und nicht nur sieht, sowie andererseits die Auseinandersetzung mit unserer Vergangenheit darzustellen. Ferner geht es in der Ausstellung darum, die Vernetzung zu St. Gallen und natürlich auch die Präsenz von St. Galler Stickerei in meinen Kollektionen darzustellen.

Wie sehr ist Akris ein kommerzielles, wie sehr ein kulturelles Projekt?
Wir betreiben eine kommerzielle Tätigkeit. Wir machen Mode, die eingekauft und verkauft wird. Ich finde es immer ganz schwierig, wenn wir in unseren Sphären von Kulturansprüchen reden. Genauso kritisch sehe ich die Zuordnung, dass Leute, die Mode machen Künstler sind.

Was würden Ihre Kleider als Imageprodukte kosten?
Die Frage kann ich Ihnen nicht beantworten.

Der Handel kalkuliert Ihre Kleider ja genauso wie Imageprodukte von Gucci mit 2,6 bis 2,8.
Die Retailer hätten lieber noch eine höhere Marge.

Das bedeutet ja, dass Sie aufgrund Ihres viel höheren Material- und Arbeitswertes im Verhältnis zu anderen Häusern pro Teil weniger verdienen.
Sicher. Wir finden es einfach nicht sinnvoll, eineinhalb bis zwei Tage Handarbeit in einen schlechten Stoff zu investieren. Zum Glück gehören wir nicht zu den Unternehmen die über Umsätze wachsen müssen.

Sie haben im den letzten Jahren viel investiert. Sie haben eine Kapitalerhöhung der AG vorgenommen, neue Werke im Tessin und in Speicher erstellt, Mitarbeiter ausgebildet, bauen Dubai als neuen Markt aus, zeigen offiziell Ihr Défilé in Paris und eröffneten 12 eigene Geschäfte. Was ist das Ziel all Ihrer Anstrengungen?
Unsere eigenen Stores sind Teil einer zeitgemäßen Distribution. Die übrigen Bereiche gehören zur vertikalen Infrastruktur, die von uns in den 1990er Jahren als Strategie formuliert wurde.

Vielen Dank für das Gespräch.

„Am unwichtigsten ist, was alle machen“, Albert Kriemler, Designer von Akris

„Was wir übernommen haben, kann man heute nicht mehr aufbauen.“, Albert Kriemler, Designer von Akris

Akris
Zur Akris Prêt-à-Porter AG gehören in der Schweiz 15 Firmen. Alleiniger Inhaber ist die Familie Kriemler. Zahlen werden nicht veröffentlicht. Die „Weltwoche“ schätze den Umsatz 2002 auf 75 Millionen Franken. Dieser wird zu je 30 Prozent in Asien und Europa und zu 40 Prozent in den USA erzielt.
Die Kollektionen werden weltweit an 550 Verkaufsstellen, davon 36 Shop-in-Shops angeboten. Akris beschäftigt 600 Mitarbeiter, davon 100 in den 12 eigenen Geschäften.
Das Unternehmen fertigt pro Saison drei Akris- und zwei Akris Punto-Kollektionen. Akris wird in Mendrisio im Tessin mit einem Anteil von 25 Prozent Handarbeit gefertigt. Die 1996 eingeführte Zweitlinie Akris Punto wird in Slowenien und Rumänien hergestellt.
Akris zeichnet sich durch Luxus mit Understatement aus. Großen Erfolg hat Akris in Amerika, wo eine Trunkshow bei Neiman Markus Umsätze bis zu 2,5 Millionen Dollar bringt. Akris kleidet Women with authority, und zwar nicht nur die, die wie Condoleezza Rice, Nicole Kidman oder Sabine Christiansen in der Öffentlichkeit stehen.

Akris. Felsenstrasse 40, 9001 St. Gallen, Schweiz
Tel +41 71 22 777 22
akris@akris.ch, www.akris.ch

Albert Kriemler
1960 geboren und aufgewachsen in St. Gallen. 1980 Eintritt in das Unternehmen. 1987 offizielle Übernahme der Geschäftsleitung (Kreation und Marketing) zusammen mit seinem Bruder Peter (Produktion und Management).
2001 Silver Slipper Award für Kreativität in Houston. Er gilt laut der FAZ als europäischer Modeschöpfer ersten Ranges. Weltweit wird Akris heute im gleichen Atemzug wie Armani, Chanel, Dior oder Givenchy genannt.

Veröffentlicht

Style in Progress 3/2006 unter dem Titel „Subtiler Stil“, Seiten 24 – 29

Kategorie: - Damenmode, Fotogalerie, Unternehmen, – Interviews - Kommentare(0)
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