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Exklusiv Reisen
7. September 2008

Fliegen ist mühsam und anstrengend. Mit reinen Business-Jets wollen die Airlines Vielfliegern das Leben etwas erleichtern.

Von Joachim Schirrmacher und Sascha Lange

Heathrow ist das Trauma schlechthin: Das neue Londoner Flughafenterminal 5 sollte die einst exklusive Art des Reisens zurückbringen. Bekanntlich trat das Gegenteil ein. Wer wirklich exklusiv fliegen will, muss im nahen Farnborough landen. Es ist wie Teterboro nahe Manhattan ein reiner Privatflughafen.

Von der wachsenden Nachfrage nach dem Luxus am Himmel profitiert nicht nur die Firma NetJets mit ihrem Angebot stunden- oder tageweiser Nutzungsrechte an Privatjets. Auch die Lufthansa baut in diesem Jahr eine Flotte mit neun Privatjets auf. Diese Flugzeuge mit vier bis zwölf Sitzen dienen vor allem für Direktflüge in Europa.

Für Langstrecken gibt es seit Mai 2002 immer mehr Flugzeuge, die ausschliesslich für Business-Class ausgestattet werden, so genannte Business-Jets. Auslöser war die für Grossraumflugzeuge zu geringe Nachfrage nach „9/11“. Da First- und Businessclass-Kunden bei der Lufthansa fünfzig Prozent aller Kunden auf Langstrecken ausmachen, startete das Unternehmen mit dem ersten Business-Jet auf der Strecke Düsseldorf – New York, betrieben von PrivatAir aus Genf. Inzwischen bieten verschiedene Gesellschaften reine Businessclass-Flüge über den Atlantik an. Allein PrivatAir fliegt die Routen: Zürich – New York (für Swiss), Amsterdam – Houston (KLM), Frankfurt – New York (LH), seit Mai München – Dubai (LH) und seit Juli Frankfurt – Pune in Indien (LH).

Die Rahmen dieses kleinen Booms entstandenen hundertprozentigen Businessclass-Airlines wie Silverline, EOS, Maxjet Airways, Oasis mussten allerdings aufgrund der hohen Kerosinpreise wieder aufgeben. Einzig der Billiganbieter L’Avion fliegt noch zweimal täglich zwischen Paris und New York.

Eine etablierte Gesellschaft wie Singapore Airlines reagierte auf das Dumping und stellte im Laufe des Jahres seine Nonstop-Flüge von Singapur – New York auf eine reine Businessclass um. Auf der Hamburger Messe Aircraft Interiors stellte das Unternehmen dazu im Mai den Ultralangstreckenjet Airbus 340-500 vor. Und zwar mit einer Ausstattung, die bei anderen Fluggesellschaften bisher der First-Class vorbehalten war.

Um noch Passagiere in die First Class zu locken, wird auch hier immer mehr Luxus geboten, wie etwa Suiten, die man zusammenlegen kann (Singapore Airlines, ab Herbst 2010 auch bei Lufthansa im A 380). Ein Luxus der an die Träume der zwanziger Jahre erinnert, als Norman Bel Geddes den Nurflügler «Airliner Number 4» für 600 Personen zeichnete. Er bot mit Café, Promenaden und Veranden, Bäder und Suiten Platz wie auf einen Kreuzfahrtschiff. Einen Traum an dem offenbar Hapag-Lloyd mit dem Angebot von Kreuzflügen anschliessen will (ab 49 520 Franken).

Ready for business

Gerne stellen die Fluggesellschaften in ihren Anzeigen einzelne Marketing-Highlights wie Sitze mit einer fast horizontalen Liegefläche von zwei Metern Länge, exklusiver Bordverpflegung und Unterhaltungsprogrammen heraus. Doch dies ist quasi nur die Einstiegsdroge. Erst auf der Reise werden weitere Annehmlichkeiten wie kürzere Wege, schnellerer Ein- und Ausstieg sowie Abfertigung, Lounges an den Flughäfen oder individuellere Betreuung durch persönliche Begleiter erlebbar. Ziel sei, dass die Fluggäste bei der Ankunft „ready for business“ seien, so das Versprechen.

Aus der Sicht der Fluggesellschaften ist es für den Erfolg in dieser Nische entscheidend, mit kleinen Maschinen direkt die gefragte Routen zu fliegen – wie beim „Banker-Shuttle“ Frankfurt-New York. Ausser bei Singapore Airlines sind die Typen Boeing 737 (44 Sitze), 737-800 (56 Sitze), 757-200 (90 Sitze) oder Airbus A319LR (48 Sitze) im Einsatz. Dies sind allesamt Flugzeuge mit einer Reichweite von acht bis neun Stunden, weswegen aus Europa keine Ziele in Asien angeflogen werden. Mit der Auslastung zeigen sich die Carriers sehr zufrieden, genaue Angaben will jedoch keiner machen. Greg Thomas, CEO von PrivatAir, sagte gegenüber der „NZZ am Sonntag“ aber immerhin, dass er ein „solides und beständiges Wachstum in den nächsten fünf Jahren“ erwartet und plane, „weiter zu expandieren“.

Auch für die, die beim Fliegen auf die Kosten schauen müssen, gibt es Lichtblicke. Sie heissen „premium economy“ und bieten Umbuchung, Zugang zur Lounge, besseres Essen und grösseren Sitzabstand. Damit wollen die Fluggesellschaften verhindern, dass der Abstand zwischen der immer luxuriöseren Businessclass und der alten „Holzklasse“ nicht zu gross wird.

Veröffentlicht

NZZ am Sonntag, 7. September 2008 unter dem Titel „Champager statt Chaos

Kategorie: Reisen - Kommentare(0)
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